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Islam im Alltag Kommentar

Es geht um mehr als um die Sprache

Ignoranz vor der immer größeren Diversität der Community, die ein Betreiben von herkunftssprachlichen Gemeinden selbst bei den herkunfts-nationalistischsten Gemeinden unmöglich werden lässt.

Bei der Frage nach der verwendeten Sprache in der Vermittlung des Islams und dem innermuslimischen Diskurs in Deutschland erscheint mir das immer festgefahrenere Festhalten mancher Kreise an den “Herkunftssprachen” nur noch eine Form der Ignoranz und wohl auch eine gute Portion Angst vor Bedeutungsverlust zu sein.

Ignoranz vor der immer größeren Diversität der Community, die ein Betreiben von herkunftssprachlichen Gemeinden selbst bei den herkunfts-nationalistischsten Gemeinden unmöglich werden lässt.

Angst vor dem Bedeutungsverlust, da nicht nur viele Imame, sondern auch eine ordentliche Portion von Funktionären auf deutsch schlichtweg nicht mehr mitreden könnten. Gesamtgesellschaftlich können sie das tatsächlich bereits schon seit langem nicht. Statt an diesem auch institutionell kaum tragbaren Defizit zu arbeiten, wird die eigene Gemeinde/Gemeinschaft zur herkunftsweltlichen Enklave erklärt, in der man in der Blase zumindest noch Meinungsführerschaft beanspruchen kann.

Nur was kann die muslimische Gemeinschaft in Deutschland dafür, dass manche Funktionsträger auch nach Jahrzehnten die Landessprache nicht können, das Land nicht verstehen und für manch ausländischen Behörde der Auslandsaufenthalt für die eigene Beamtenschaft unverzichtbar für das schnelle erklimmen der behördlichen Karriereleiter ist?

Seien wir mal ehrlich, es geht hier schon lange nicht um Theologie, es geht nicht um Kultur oder deren Bewahrung. Es ist eiskalte Interessen- und Geltungspolitik, die auf unseren Schultern und noch schlimmer, auf den Schultern unserer Kinder und des Islams in Deutschland und Europa ausgetragen wird.

Aktuell verbauen wir uns in vielen Zusammenhängen die institutionelle Zukunft des Islams in Deutschland und gefährden damit auch die Möglichkeiten der individuellen Religosität. Das Paradoxe an der Geschichte ist, dass ein unglaublich hoher Aufwand betrieben werden muss, finanzielle und personelle Ressourcen aufgebracht werden müssen, um den Status Quo der muslimischen Institutionalisierung in Deutschland künstlich aufrecht erhalten zu können. In diesem geistigen Zustand werden wir es nicht schaffen, zukunftsfähige Konzepte zu erarbeiten, ganz zu schweigen davon, diese in die Tat umzusetzen.

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